7 Gründe warum Imagefilme nicht auf youtube funktionieren

boring_iStock_Small (c) by  Timurpix  / istockPopuläre Videos haben auf Youtube schnell hunderttausende Klicks, die meisten Unternehmensvideos eher nicht. Eine Spurensuche.

Bayer hat weltweit mehr als 110.000 Mitarbeiter und mehr als 150 Jahre Unternehmens­geschichte. Dieses Jubiläum wurde mit einer eigenen Kampagne, Tour, Film und einem Fest mit 30.000 Mitarbeitern gefeiert. Unternehmenskommunikation par excellence! Bis auf youtube – da bringt es der Kampagnenfilm ein Jahr nach dem Upload nur auf knapp 1.300 Views. Auch weitere Filme des Chemiekonzerns kommen nur auf 200-2.500 Ansichten.

Warum scheitert Bayer auf dem wichtigsten Videoportal des Internets? Oder: warum haben Unternehmensfilme kaum Youtube-Zuschauer?

Experten bezeichnen youtube oft als digitalen Friedhof für das Bewegtbildarchiv der Unternehmen. Denn entweder werden nach altem Schema Imagefilme auch für Youtube produziert oder bereits produzierte Inhalte werden nach dem Motto “es kostet ja nichts” hochgeladen. Erfolgreich und klickstark sind beide Wege selten. Zu allererst: Youtube funktioniert nicht wie Fernsehen. Die Ansprüche sind an das Medium sind andere. Darum habe ich hier 7 Gründe zusammengetragen, warum Unternehmensfilme auf youtube kaum angesehen werden:

  1. Schwacher Start: Innerhalb von 3 Sekunden weggeklickt
    Filme brauchen eine gewisse Dynamik und Dramatik. Doch auf youtube muss das Interesse schnell geweckt werden, sonst klickt der Zuschauer auf einen weiteren Film. Filme die 10 Sekunden lang Titel einblenden, beliebig wirken, einen unspektakulären Start haben oder mit öden Animationen nerven, werden einfach weggeklickt. Die im Fernsehen üblichen Trailer von 20-30 Sekunden funktionieren online einfach nicht.
  2. langweilig: nicht unterhaltsam oder kein Mehrwert
    Bei youtube schaut man sich Filme aus zwei Gründen an: Sie sind unterhaltsam oder sie haben einen Mehrwert. Der überwiegende Teil wird als Unterhaltung oder Zeitvertreib konsumiert. Musikvideos, Celebrities, Funnies laufen auf youtube extrem gut. Doch was bedeutet “Mehrwert” für den Zuschauer? Nachrichten, zeitgeschichtliches Interesse oder akute Hilfe bei einem Problem. Zugegeben: Unternehmensfilme tun sich mit beiden Kategorien schwer. Wenn man ein großes Unternehmen in wenigen Minuten darstellen will, ist das selten unterhaltsam zu realisieren. Bleiben eigentlich Stories rund um Problemlösungen. Bayer versucht sich daran und bleibt leider etwas langweilig, im Gegensatz zum Unternehmensfilm von Dräger, der mit einer spannenden Hollywood-Optik startet.
  3. Nicht auf den Punkt gekommen: Zu lang
    Filmlänge ist kein Maß für Qualität. 30 minütige Fernsehdokumentationen, wie die über amazon, erreichen online zehntausende Klicks pro Jahr. 10 minütige Imagefilme hingegen nicht. Woran liegt das? Viele Firmenentscheider wollen möglichst viele Informationen über ihr Unternehmen in den Film packen. Je mehr, desto besser. Ein Fehler, denn Youtube ist eine Suchmaschine und die meisten Zuschauer suchen hier gezielt nach Informationen. Ein guter Youtube-Unternehmensfilm kommt schnell auf den Punkt, und arbeitet sich zügig am Thema ab – entweder unterhaltsam, in einer Geschichte oder mit Mehrwert! Ein neunminütiger Film über 150 Jahre Bayer-Geschichte hätte als seriös wirkende Dokumentation mit alten Aufnahmen und zeitgeschichtlicher Einordnung sicher einen größeren Zuschauerkreis erreicht, als die Marketing-optimierte Zeitreise mit dramatisch orchestrierter Musik und langen Zwischenanimationen.
  4. Das nervt: schlechter Ton oder langweilige Musik
    Youtube ist der klickstärkste Abspielkanal von Musikvideos. Aber bei Unternehmensvideos wird der Ton oftmals unterschätzt. Dabei sind Musik, Toneffekte und das gesprochene Wort wichtige Bestandteile von Filmen, nicht nur das bewegte Bild. Gerade die richtige Kombination von Musik und Schnitt bringt erst die richtige Dramatik, damit der Zuschauer dran bleibt. Klar kostet gute Musik Geld. Die Alternative ist ein Klangteppich, der zum Einschlafen anregt. Da nützen auch die besten Bilder wenig, die Zuschauer sind mit einem Klick weg. Noch schlimmer als schlechter Ton ist gar kein Ton, dann suchen die Zuschauer nach der Ursache für den Tonausfall und schauen nicht den Film an.
  5. Beliebig: schon tausend mal gesehen oder gehört
    Ein paar Mitarbeiter, die lustvoll auf ihren PC-Tastaturen herumtippen. Eine nette Mitarbeiterin am Telefon. Ein schneller Schwenk über die Technik oder eine Powerpoint Folie. Der Chef sagt ein paar bedeutungsschwangere Worte über Schnelligkeit und Flexibilität oder wahlweise Innovation und Wettbewerb. Schon ist der IT-Werbefilm fertig. Oder der Film für Telefonfirmen, Arbeitsvermittler oder Unternehmensberater. Die Bilder sind austauschbar, die Inhalte auch. Das macht solche Filme sehr schnell uninteressant, besonders wenn noch mit einfallslosem Stockfootage gearbeitet wird. (Übrigens: eine tolle Persiflage auf alle diese Filme ist Didi’s Obststandl)
  6. fremde Werbung im oder vor dem Imagefilm
    Wenn man einen Unternehmensfilm auf youtube einstellt, möchte man sich von seinen Mitbewerbern abheben und zeigen worin man besser ist. Komischerweise starten vor vielen der Filme Werbeclips oder die Videos werden mit Google-Werbung überlagert. Im besten Fall lenkt das nur etwas ab. Trotzdem geht ein Teil der Wirkung einfach verloren. Das ist ja wie Werbung vor der Werbung! Aufgrund identischer Keywords werden aber gerne direkte Wettbewerber vor den eigenen Film geschaltet. Blöd, wenn auch noch der Film der Konkurrenz besser ist. Dann ist der Kunde schnell weg. Die Lösung? Den Youtube Kanal richtig konfigurieren und Werbung deaktivieren.
  7. Ich will gar nicht: steife Protagonisten
    Authentizität ist auf youtube eine Währung. Die erfolgreichsten Clips stammen von Menschen mit Ecken und Kanten, solche die vor der Kamera Spaß haben. Menschen, die etwas zu sagen haben. Das gilt für reale Personen so, wie für Kunstfiguren. Wer allerdings steif vor der Kamera sitzt und einen abgelesenen Text unsicher vorträgt, tut sich und seinem Film keinen Gefallen.

Viele dieser Gründe würden überall dazu führen, dass der jeweilige Film keine Zuschauer bekommt. Aber bei youtube verschärft sich das Problem insoweit, dass Google natürlich die klickstarken und mit vielen guten Wertungen versehenen Filme eher vorne in den Suchergebnissen anzeigt.  Geht der Daumen zu oft nach unten oder bleiben die Klickzahlen immer Keller, tauchen weniger gute Filme einfach seltener in den Suchergebnissen auf.

Videomarketing Seminar

Update: Aufgrund des hohen Interesses, biete ich zusammen mit Erik Jenss passende Workshops zum Thema Videomarketing an. Wir starten im November 2014 in Schwerin. Wir zeigen Unternehmen an 2 Tagen, wie Sie vorhandene Plattformen nutzen können, wie Filme selbst erstellt werden können und auf welche Inhalte es ankommt!

Fazit: Youtube ist Suchmaschine, soziales Netzwerk und Unterhaltungsplattform in einem. Darum muss schon beim eigentlichen Einstellen eines Clips beachtet werden: Fehlen Keywords oder ein aussagekräftiger Titel, wird es schwer den Film zu finden. Werden die Zuschauer animiert den Film bei gefallen positiv zu bewerten, steigert dies die Interaktionsrate und letztlich über die Bewertung auch das Ranking. Das Wichtigste bleibt aber der Inhalt, der sollte nicht nach Schema F gemacht werden, wie man Unternehmensfilme vor 10 Jahren machte!

 

Jost

Veröffentlicht von

Fünf Jahre war ich als Pressesprecher beim Öko-Energieversorger WEMAG erster Ansprechpartner für Journalisten und habe Blogs, yotube- und Twitter-Kanäle betreut, ebenso wie Kundenmagazine. Aktuell betreue ich die WEMAG-Tochter ReeVOLT! Freiberuflich bin ich als Berater, Keynote-Speaker, Autor und Blogger aktiv. Gelegentlich trifft man mich auf Kommunikationstagungen, beim DJV oder bdew. Hier schreibe ich aus meinem beruflichen, privaten und kreativen Alltag. Meine Social-Media Profile wie z.B. Google+ sind oben verlinkt.

9 Kommentare » Schreibe einen Kommentar

  1. Einen wichtigen Punkt würde ich noch ergänzen: Der Erfolg mit YouTube wird immer überschaubar bleiben, wenn man die Plattform nur als Semdemedium nutzt. Dabei kann YouTube doch so viel mehr – nämlich echte Kommunikation.

  2. Stimmt. Aber die meisten Imagefilme funktionieren auch ohne youtube schon nicht, weil 9 von 10 Entscheider in den Unternehmen unfähig sind, dem Filmemacher das Filmemachen zu überlassen und kontinuierlich in die Produktion reinreden. Und dann entsteht in der Regel ein schlechter, also ein nichtfilmischer Film. Am Ende ist natürlich der Filmemacher schuld… ;)

    • Jost

      “Der Köder muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler.” Will sagen, am Ende entscheidet der Zuschauer, nicht der Filmemacher, ob das Ergebnis ankommt. Gerade im Bereich Onlinevideo sträuben sich viele Filmprofis/Filmemacher/Produzenten vor den neuen “Regeln” auf diesen Kanälen. Da gibt es oft eine, sagen wir mal: “Beratungsresistenz” auf beiden Seiten ;-)

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  6. Sehr gute Erläuterung mit wichtigen Punkten. Ich stolpere auch ab und zu über Imagefilme von Unternehmen auf Youtube, allerdings nur wenn ich dort gezielt nach dem jeweiligen Unternehmen gesucht habe. Eine größere Reichweite war bei den Videos bisher nie vorhanden, meist höchstens so zwischen 500-1000 Klicks. Meistens sind sie auch nicht besonders aufwendig produziert und man klickt schon nach kurzer Zeit weg. Ich finde, man muss nicht jedes Medium für sein Unternehmen ausnutzen, nur weil es vielleicht von sehr vielen genutzt wird. Besonders Imagefilme wirken oft wie Werbung und interessanter wäre es wirklich, wenn es eine kurze Dokumentation zur Geschichte des Unternehmens geben würde, Das was ich auch für sinnvoll halten würde, ist beispielsweise ein Infoclip, falls man eine audiovisuelle Anleitung für die Benutzung der Webseite einbinden möchte, anstatt einfach nur ein FAQ.

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